Treckertour 2024
Das von Landwirtschaft geprägte Niedersachsen werden wir standesgemäß mit einem Trecker und Planwagen entschleunigt bereisen. Wir sind im nördlichen Bereich der Landeshauptstadt Hannover Richtung Nienburg und dann weiter Richtung Celle unterwegs. Diesmal bin ich nicht mit meiner Frau und unserem Wohnmobil auf Reise, sonder mit zwei Freunden unternehmen wir eine Männertour mit einem historischen Trecker.
Zur Geschichte des Traktors
Der alte Güldner „ABN10 / 2 BN“ wurde 1957 in Aschaffenburg gebaut und erstmalig am 25. November des gleichen Jahres in unserem Heimatort als Neufahrzeug zugelassen. Vor mir sind im Kraftfahrzeugbrief vier Vorbesitzer eingetragen. Dabei war der kleine grüne Traktor immer in unserem 1.000 Einwohner-Ort zugelassen und hat die große Welt bisher noch nicht kennengelernt. 2007 habe ich einem Freund geholfen, den damals nicht mehr fahrbereiten und unansehnlichen Trecker wieder neu aufzubauen. Lange Zeit wurde er dann für Arbeiten im Wald genutzt. Nach dem Tod meines Freundes habe ich den 25 PS-Schlepper schließlich 2020 übernommen.
Um den Trecker in den heutigen Top-Zustand zu versetzen bedurfte es etlicher Arbeitsstunden, viel handwerkliches Geschick und zahlreicher Telefonate um die passenden Ersatzteile zu bekommen. Der Aufwand hat sich auf jeden Fall gelohnt. Und einen passenden Anhänger und Planwagen gibt es auch zu dem Trecker.
Vorbereitung der Tour
Bevor wir nun auf Tour gehen und dem Trecker die große weite Welt zeigen, wurde er nochmals durchgecheckt. Er bekam einen neuen Blinklichtschalter, neue Rücklichter, einen Rückspiegel, ein neues Thermometer für das Kühlwasser und den Auspuff haben wir temporär verlegt, damit die Auspuffabgase nicht in den Planwagen ziehen.
Und nun geht es mit dem alten Traktor und dem Planwagen für vier Tage auf Tour. Es erwarten uns überschaubare Tagesetappen um die 50 km und dementsprechend haben wir unsere Zwischenstationen geplant und Quartiere im Vorfeld gebucht. Ob es bei der vorgeplanten Route bleibt, werden wir jedoch noch sehen.
So in etwa könnte unsere ca. 200 km lange Treckertour inmitten unserer niedersächsischen Heimat verlaufen. Am Donnerstag den 11. Juli 2024 starten wir und hoffen auf gutes Wetter und eine pannenfreie Reise mit vielen Erlebnissen und schönen Begegnungen.
Juli 2024
Unsere Tour
Von Burgdorf über Oldau, Winsen (Aller), Wietze, Böhme, Kirchboitzen, Kirchlinteln, Visselhövede, Soltau, Wietzendorf, Müden (Örtze) und Hermannsburg bis nach Eschede.
Donnerstag, 11.07.2024
Unsere erste Tagesetappe starten wir nach einem ausgiebigen Verabschiedungs-Frühstück - zusammen mit unseren Frauen - um 11:45 Uhr.
Nach einem heftigen Regenschauer und Temperaturen um die 24 °C geht es zunächst über bekannte Wirtschaftswege durch unsere heimatliche Gemarkung. Heute fahren wir uns mit dem Gespann mal erst ein. Nach den ersten Kilometern liegt bereits eine Birke quer auf dem Weg. Doch wir haben schnell das Gefühl, dass wir drei mit dem Trecker und Planwagen in den nächsten Tagen gut klarkommen werden.
Gerne nutzen wir auf unserer Tour Wirtschafts- und Waldwege und versuchen die Hauptstraßen zu meiden.
In Oldau sehen wir uns das Wasserkraftwerk an. Die Staustufe Oldau bei Hambühren ist eine von vier Staustufen in der Aller, einem Zufluss der Weser. Sie besteht aus einem Wehr und einem denkmalgeschützten Wasserkraftwerk sowie einer Schleuse in unmittelbarer Nähe im Schleusenkanal. Das Wehr wurde von 1908 bis 1910 errichtet. Es ist 30 Meter breit mit zwei jeweils 15 Meter breiten Wehrfeldern. Die Stauhöhe beträgt 3,80 Meter. 1926 verkaufte die Stadt Celle das Wasserkraftwerk an die Firma PreussenElektra. Es wurde 1972 wegen zu hoher Personal- und anstehender Reparaturkosten stillgelegt und 1974 durch eine Verfügung des Regierungspräsidenten in Lüneburg vor dem Abriss bewahrt und zu einem Technischen Denkmal erklärt. Es ist das einzige in Deutschland, das noch funktionsfähig ist und mit den alten Maschinen arbeiten kann.
Gerne hätten wir drei uns heute noch den Museumshof in Winsen an der Aller angesehen, doch der ist donnerstags geschlossen und öffnet leider erst morgen um 15:00 Uhr. Dafür sehen wir uns in Winsen die Bockwindmühle an. Die Mühle wurde vor vielen Jahrhunderten auf einer Düne - dem Mühlenberg - weit außerhalb des damaligen Ortes errichtet. Der Ort ist über die Jahrhunderte gewachsen, sodass wir heute nicht mehr auf freie Flächen in die Ferne schauen können. Inzwischen ist sie von Häusern umgeben. Damals herrschte das Windrecht, welches regelte, dass der Müller in der Nähe seiner Mühle keine Bäume oder Gebäude zu dulden brauchte, die seiner Mühle den Wind wegnehmen könnten. Über die erste Mühle an dieser Stelle sind keine Urkunden mehr vorhanden. Erst im 16. Jahrhundert finden sich in der Überlieferung Hinweise auf diese Mühle und die Winser Müller.
Heute haben wir ganz entspannt mit einigen Pausen rund 47 km zurückgelegt und dabei in viele freundliche Gesichter schauen können. Mit einem solchen Gespann erregt man schon die Aufmerksamkeit der übrigen Verkehrsteilnehmer und der Passanten am Straßenrand.
Freitag, 12.07.2024
Bevor wir heute auf unsere weitere Treckertour gehen, tauchen wir nach wenigen Kilometern ein in die Geschichte des Ölfiebers in Wietze und lassen uns von überraschenden Fakten rund um das Thema Erdöl beeindrucken. Das Deutsche Erdölmuseum in Wietze ist eines der ungewöhnlichsten Museen Deutschlands, denn es befindet sich auf einem historischen Ölfeld, der sogenannten "Teufelsinsel". Die erste Erdölbohrung der Welt wurde nicht in Texas oder Dubai niedergebracht, sondern hier in der südlichen Lüneburger Heide. 1858/59 ließ der Geologe Georg Konrad Christian Hunäus in Wietze westlich von Celle eine Flachbohrung in der sog. Wallmann'schen Teerkuhle abteufen. Aus dieser Teerkuhle war bereits seit 1652 obertägig zutage tretendes Schweröl gewonnen worden, das vor allem als Schmiermittel diente. Den Standort der sogenannten Hunäus-Bohrung, die bei knapp 36 m abgebrochen werden musste, konnten wir heute besichtigen. 1899 brach dann das Ölfieber in Wietze aus, als der Bohrmeister Hasenbein aus Sehnde erstmals eine fündige Bohrung nördlich des Dorfes und gleichnamigen Flüsschens Wietze abteufte. Der Ölboom veränderte das kleine Heidedorf Wietze von da an rasant. Innerhalb nur weniger Jahre schossen Bohr- und Fördertürme wie Pilze aus dem Boden, von den selbst heute noch einige in Betrieb sind.
Nördlich von Schwarmstedt, zwischen Bothmer und Gilten, befindet sich die Galerie-Holländer-Windmühle Bothmer. An dieser Stelle, am rechten Leineufer, besaßen die Herren von Bothmer einst eine Wassermühle. Weil durch diese allerdings die Schifffahrt behindert wurde, riss man sie im Jahre 1822 unter der Bedingung ab, dass am gleichen Ort eine Windmühle erbaut würde. Bei bedeckten, aber weitestgehend (noch) trockenem Wetter sehen wir sie uns an.
Mit der Vorhersage des Wetters ist es wie mit der Vorhersage der Lottozahlen – es stimmt nie. Vor einer Woche noch war bestes Reisewetter mit Sonnenschein und Temperaturen bis zu 30 °C angesagt und heute haben wir (zumindest ich als Treckerfahrer) den Hintern nass gekriegt bei gerade mal 20 °C. Aber mit der passenden Regenkleidung war es auszuhalten. Meine Planwagen-Mitfahrer hatten es da schon besser. Dennoch hatten wir einen erlebnisreichen zweiten Tag.
Wasserbüffel an der Aller.
In der Samtgemeinde Rethem im Aller-Leine-Tal kommen wir durch die kleine Ortschaft Böhme. In diesem Dorf gibt es eine aktive Gruppe die sich sehr für den Ort einsetzt, wie man uns erzählte. Sie haben in den letzten Jahren vieles bewegt: Sei es die Hinweistafeln an den Gebäuden mit den historischen Hofnamen, die zeitgemäße Neugestaltung einer alten Litfaßsäule, die Erstellung einer Ortschronik und das Aufstellen von Milchbänke mit historischen Milchkannen. Und genau diese Kannenbank zieht die Aufmerksamkeit auf uns. Die wollen wir unbedingt sehen, denn im letzten Jahr veranstalteten wir unser Dreschefest in Schillerslage unter dem Motto „Rund um die Milch“ und genau dazu gehört ja auch eine Kannenbank. Manchmal haben wir das Gefühl, dass wir auf dieser Tour als „Botschafter“ für unser Dreschefest unterwegs sind. Denn wir haben Flyer und Handzettel dabei um für unser historisches Dreschefest, welches am 15. September 2024 stattfinden wird, die Menschen einzuladen.
Link zum Dreschefest Schillerslage:
Etwas nördlich von Böhme besuchen wir den Hof Seelenheil mit seinen Alpakas. Mit ihnen kann man nach Anmeldung durch Wald und Flur wandern und kommt dabei den Tieren sehr nahe. Wir haben die Gelegenheit die Alpakas zu streicheln und stellen fest wie kuschelig weich die entzückenden Vierbeiner sind. Alpakas strahlen Ruhe und Gelassenheit aus. Doch wir sind auf unserer entschleunigten Treckertour ohnehin ruhig und gelassen.
Nur noch wenige Kilometer sind es vom Hof Seelenheil zu unserem Tagesziel nach Kirchboitzen. Hier übernachten wir heute auf dem Sonnenhof und machen damit Urlaub auf dem Bauernhof. Auf dem Anwesen gibt es Schafe, Hühner, Gänse, Enten und Zwergschweine und direkt auf dem Hof gibt es ein Storchennest. Es stehen einige Ferienwohnungen zur Verfügung, aber es kann auf dem weitläufigen Wiesengrundstück auch Bauernhofcamping gemacht werden. Und genau dort „übernachtet“ nun unser Gespann. Doch bevor es in die Betten geht holen wir im nahegelegenen Gasthof des Dorfes unser Abendessen und verzehren es in unserer Ferienwohnung bei einem kühlen Bier.
Samstag, 13.07.2024
Schon früh stehen wir heute auf, so gegen 6:45 Uhr und „beladen“ unseren Planwagen wieder. Dabei laufen uns die Entenküken über den Weg, auf der Suche nach frischem Gras.
Beim Bäcker Meyer im Ort nehmen wir unser Frühstück ein um uns für den Tag zu stärken.
Mit unserem Wohnmobil haben wir schon weite Touren unternommen, ob Kanada und USA, Marokko oder Island, es war immer wunderschön. Aber wenn wir nun mit unserem Treckergespann mit max. 20 km/h durch unsere niedersächsische Heimat fahren ist das ein vollkommen anderes Erlebnis und wir sehen links und rechts des Weges viel mehr und intensiver. Übrigens haben wir festgestellt, dass je nach Straßenverhältnissen die beste Reisegeschwindigkeit bei lediglich 10 bis 15 km/h liegt. Und genau so soll es auch weitergehen.
Heute am Samstag wollen wir von Kirchlinteln bis Kükenmoor unbedingt die Allee des Jahres 2015 befahren. In der Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde mit dem Ausbau der Straße begonnen. Die Abfuhr des gestochenen Torfes aus dem Verdenermoor in die Umgebung und vor allem nach Verden und in die Marschdörfer sollte erleichtert werden. Die historische Straße ist nichts für schlechte Stoßdämpfer, aber genau das richtige für unser Treckergespann. Fährt man aus Kirchlinteln in Richtung Kükenmoor, ist der Übergang von Asphalt auf Kopfsteinpflaster deutlich hör- und spürbar. Links und rechts säumen bis zu 100 Jahre alte Eichen die kurvige Straße. Die mit einem Preis des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) ausgezeichnete historische Straße ist wunderschön. Unersetzlich. Lebenswichtig. "Allee des Jahres 2015“, so steht es auf dem dazugehörigen Schild. Diese Straße muss man einfach gesehen und befahren haben.
Die Straße ist traumhaft schön, aber selbst mit unserem Traktorgespann ist der Kopfsteinbelag nur mit max. 10 km/h befahrbar.
Die Vissel (auch Visselbach) ist ein 11,8 Kilometer langer Bach in der Lüneburger Heide. Er entspringt im Zentrum von Visselhövede, in einer der stärksten Quellen des niedersächsischen Tieflandes, fließt zunächst in nördlicher und später in nordwestlicher Richtung und mündet südwestlich von Bothel in die Rodau. Diese Quelle wollen wir uns natürlich ansehen. Sie liegt allerdings im Zentrum von Visselhövede in der Nähe der Kirche und daher lassen wir unser Planwagengespann etwas vorher stehen.
Am späten Nachmittag treffen wir bei bedecktem Wetter nach einer Tagesetappe von 63 km auf dem Menkenhof in Wiedingen ein.
Ganz gespannt waren wir schon, den Menkenhof in der Nähe von Soltau und vor allen Dingen seinen Inhaber kennenzulernen. Bei einigen Telefonaten im Vorfeld fanden wir gleich eine Gemeinsamkeit – die Leidenschaft für historische Traktoren. Davon sind auf dem Menkenhof gleich 6 Stück liebevoll restauriert zu sehen. Unter anderem Hanomag, Deutz, Fahr und Schlüter – große Namen aus einer Zeit als die Pferde von den Traktoren in der Landwirtschaft abgelöst wurden.
Im „alten Backhaus“ hat man für uns das Nachtlager in drei sehr hübschen Zimmern liebevoll hergerichtet. Hier fühlen wir uns echt wohl.
Den Abend verbringen wir zusammen mit Wilhelm, dem Seniorchef vom Menkenhof, in einem griechischen Restaurant in Neuenkirchen. Bei netten Gesprächen, einem reichhaltigen Essen und Fachsimpeln über historische Traktoren etc. vergeht der Abend wie im Flug. Auf dem Rückweg fährt Wilhelm noch mit uns durch die nähere Umgebung und zeigt uns die Schönheit seiner Heimat und lädt uns anschließend noch auf ein Bier "in der Pferdetränke" auf seinem gepflegten Anwesen ein. Vielen Dank Wilhelm.
Sonntag, 14.07.2024
Zusammen mit Wilhelm frühstücken wir in seiner Küche und machen uns dann auf zu unserer letzten Etappe. Diese starten wir gut ausgeruht und ebenso gut gestärkt mit einem wehmütigen Rückblick auf den gepflegten Menkenhof mit seiner wohl klingenden Turmuhr. Gut 60 km liegen heute vor uns.
Im 55 ha großen Wietzendorfer Moor geht es vorbei an schönen Seen.
Der Hindenburg-Bunker befindet sich auf dem Truppenübungsplatz Munster-Süd und ist nur zugänglich, wenn kein Schießbetrieb stattfindet. Wir haben heute Glück. Der Bunker ist ein echter Lost Place den wir uns gerne ansehen. Heute ist der Hindenburg-Bunker eine tolle Aussichtsplattform auf den Wattberg und die vor ihm liegenden weiten Heideflächen des Truppenübungsplatzes. Vermutlich entstand der Hindenburg-Bunker um 1930 zur Zielfeldbeobachtung auf dem Truppenübungsplatz.
Der „Müllern Hof“ ist als bereits im Jahr 1022 urkundlich erwähntes Mühlengut das älteste Anwesen in Müden an der Örtze. Heute präsentiert sich der Müllern Hof bei schönstem Ausflugswetter seinen Besuchern und natürlich auch uns mit einem vielfältigen Angebot aus Bauerncafé, Hofläden und einem Atelier für Möbel und Wohnaccessoires.
Die letzten etwa 22 km unserer Männertour verbringen wir auf dem Planwagen zusammen mit unseren Frauen. Auch sie sollten von dem Flair unserer Tour etwas mitnehmen.
Ein einzigartiges Natur-Panorama erwartet uns an den Wildecker Teichen. Das Zusammenspiel aus Wasser, Wolken und Wald sorgt hier für eine ganz besondere Kulisse. Zwischen Hermannsburg und Eschede, mitten im Naturpark Südheide sind die Wildecker Teiche. Heute findet man an den Wildecker Teichen, die um 1900 angelegt wurden, ein gesetzlich geschütztes Biotop in mitten des größten zusammenhängenden Waldgebiets Niedersachsens.
Gerne hätten wir uns den Abschluss unserer Tour etwas trockener gewünscht. Aber auch so haben wir eine echt tolle und einzigartige Tour erleben dürfen, über die wir sicherlich noch lange reden und berichten werden. Wir haben sehr viel gesehen und erlebt mit schönen Begegnungen und freundlichen Zusammentreffen mit netten Menschen. An den vier Tagen haben wir uns weitestgehend an unsere Vorplanung gehalten und dabei 226 km störungs- und unfallfrei mit dem Gespann zurückgelegt.
Mit einem Klick geht es hier zu unserer nächsten großen Tour: